Karfreitag 2025
Pilatus überantwortete Jesus den Soldaten, und sie nahmen ihn, und er trug sein Kreuz
und ging hinaus an den Ort, der "Schädelstätte" genannt wird - auf Hebräisch: Golgatha.
Dort kreuzigten sie Jesus und mit ihm zwei andere, Jesus in der Mitte.
Pilatus ließ eine Tafel am Kreuz anbringen, auf der hebräisch, lateinisch und griechisch geschrieben stand:
"Jesus von Nazareth, der König der Juden"
Viele konnten diese Worte lesen, denn Golgatha war nahe bei Jerusalem.
Die Hohenpriester sagten zu Pilatus:
Schreibe nicht: "Der König der Juden", sondern, daß er von sich gesagt hat: "Ich bin der König der Juden"!
Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Die Soldaten zerteilten Jesu Kleider in vier Teile. Das Gewand jedoch war nahtlos gewebt in einem Stück, und so sagten sie sich: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen! - So sollte das Schriftwort erfüllt werden:
"Sie haben meine Kleider unter sich aufgeteilt und über mein Gewand das Los geworfen." Und das taten nun die Soldaten.
Beim Kreuz stand Jesu Mutter mit ihrer Schwester und Maria Magdalena.
Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er besonders lieb hatte,
sprach er zu seiner Mutter: Das ist dein Sohn! - Und zum Jünger sprach er:
Das ist deine Mutter! - Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu sich.
Da Jesus wußte, daß nun alles vollendet war, sprach er, damit das Schriftwort erfüllt würde: Mich dürstet!
Die Soldaten tauchten einen Schwamm in ein Essiggefäß und hielten ihm diesen mit einem Ysop-Zweig an den Mund.
Als Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! - Und er neigte das Haupt und verschied.
Josef von Arimathäa, ein heimlicher Jünger Jesu, bat Pilatus um den Leichnam.
Gemeinsam mit Nikodemus nahm er Jesus vom Kreuz und wickelte ihn nach jüdischer Sitte in balsamierte Leinentücher.
Bei Golgatha lag eine neue Grabkammer, in welcher noch nie jemand gelegen hatte, und weil der Sabbat nicht mehr fern war, wurde Jesus dort beigesetzt.
Es ist vollbracht. Von den sieben antiken Weltwundern hat ein einziges bis heute weitgehend unbeschädigt überdauert -
die Pyramiden von Gizeh in Ägypten, das größte und älteste dieser Weltwunder. Sie sind 2000 Jahre älter als der untergegangene Rest (man könnte auch andere derartige Listen erstellen, aber die Pyramiden müßten eigentlich immer dabeisein).
Kleopatra, Caesar und Jesus sind unserer Zeit näher als der Pyramidenzeit.
Es ist vollbracht. So sprach Jesus am Kreuz. Und vielleicht sprach auch König Chufu/Cheops diese Worte, als er nach 26 Jahren Bauzeit seine Pyramide einweihen konnte. Es ist vollbracht - in Gizeh und auf Golgatha.
Pyramide und Kreuz - einen größeren Kontrast kann es kaum geben.
Der Pharao und der Messias. Der Gottkönig und der Gottessohn.
Auf der einen Seite Glanz und Macht - auf der anderen Leid und Elend.
(Wobei wir vom direkten Tod des Pharaos nichts wissen, vielleicht litt auch er sehr bei seinem Sterben.)
Ein Mensch, der Gott werden wollte, werden sollte - und Gott selbst, der Mensch wurde.
Der Apostel Paulus schreibt: Er teilte das Leben der Menschen. Demütig und gehorsam nahm er sogar den Tod auf sich - ja, den Tod eines Verbrechers am Kreuz.
Das römische Kreuz bedeutete Schmerz, Schmach und Schande.
Verbrecher und Rebellen wurden so exekutiert - die besiegten Sklaven des Spartacus-Aufstandes.
Die beiden mit Jesus hingerichteten Aufständischen oder Kriminellen.
Und Jesus selbst, dem Aufruhr und Volksverhetzung vorgeworfen wurde.
Pontius Pilatus war davon nicht überzeugt, aber er wollte keinen Ärger.
Das Kreuz war die unterste Stufe des Daseins, kurz vor dem Verlöschen.
Es ist vollbracht. Zweitausend Jahre später ist das Kreuz Jesu das universale Todessymbol.
Der Tod geht jeden etwas an. Das Kreuz auf dem Grabstein oder in der Traueranzeige geht jeden etwas an.
Das Sterben Jesu geht jeden Menschen an - wann, wo und wie dessen Sterben sich auch vollziehen mag.
Gekreuzigt, gestorben und begraben; hinabgestiegen in das Reich des Todes …
Hinabgestiegen in die Dimension der letzten Verlassenheit und Sinnlosigkeit.
In den Tod gegangen, zu den Toten - zu den alt und lebenssatt Gestorbenen, zu den unerwartet und vor der Zeit Herausgerissenen,
zu denen, deren Schicksal einmal mehr die Frage aufwirft: Warum?
Wir blicken weder in die Tiefen der Totenwelt noch in die Tiefen einer Menschenseele hinein - doch wer sich in dieser unvorstellbaren Situation von Jesus ansprechen und anrühren läßt, für den gilt das Wort am Kreuz: Es ist vollbracht.
Ob jeder es kann, ist eine andere Frage, aber wer … für den gilt dieses Wort.
Am Grab wird gesprochen: Wer den Sohn Gottes sieht und an ihn glaubt, erlangt ewiges Leben.
Wer Christus am Kreuz sieht und in aller Ungewißheit sagen kann: Er weiß vom Leben, Leiden und Sterben jedes Menschen - zuhause, in der Klinik, auf der Straße, in der Menschenmenge, im Krieg.
Er weiß auch von meinem Leben, von meinem Leiden und von meinem Sterben.
Er will, daß ich lebe. Und so möchte ich bei ihm bleiben. Ich vertraue ihm.
Wir dürfen hoffen: Wer sich von der Botschaft des Herrn anrühren läßt, unter welchen Umständen auch immer, der wird in diese große Verheißung einbezogen: Es ist vollbracht, es findet Vollendung! Das Dasein bekommt einen Sinn und ein Ziel.
Denn der Herr gibt ihm einen Sinn und ein Ziel. Der Gott und Mensch am Kreuz,
der in den Tod hinabgestiegen und ins Leben auferstanden ist.
Es ist vollbracht. Die Pyramiden, die Pharaonengräber stehen bis heute als Wahrzeichen des Widerstandes gegen die Vergänglichkeit. Die Leichname der in den Pyramiden einst beigesetzten Könige sind allerdings nicht mehr auffindbar. Was die gewaltigen bautechnischen und geistigen Leistungen damals nicht mindern soll. Doch das Heil konnten sie nicht bringen - nicht dem König, dessen darin geborgener Leib ja mumifiziert weiterbestehen sollte als Seelenort – und schon gar nicht anderen Menschen.
Es ist vollbracht. Auch das Felsengrab Jesu ist leer.
Er ist nicht hier, er ist auferstanden … - Es wird Ostern!
Für die Pharaonen gab es kein Ostern, nicht aus eigener Willenskraft. Doch auch sie mögen dem gekreuzigten Heiland begegnet sein in der Totenwelt. Und wenn sie seine Botschaft in ihr Herz lassen, dann gilt auch für sie wie für jeden sterblichen Menschen:
Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt; Keim, der aus dem Acker, in den Morgen dringt ...
Es ist vollbracht, und es soll Vollendung finden!