Erntedank 2025


Markus 8,1-9 - Brot und Fisch     

  

Tausende waren zu Jesus gekommen, um ihn zu hören, ohne etwas gegessen zu haben.

Jesus rief die Jünger zu sich: Diese bedauernswerten Menschen harren nun schon drei Tage hier aus.

Wenn wir sie hungrig gehen lassen, brechen sie unterwegs noch zusammen, 

zumal einige einen weiten Weg haben. - Die Jünger meinten: 

Aber woher in dieser Einöde nehmen wir Brot, um sie zu sättigen?

Er fragte: Wie viele Brote habt ihr? Sie sagten: Sieben ... 


Jesus ließ das Volk sich lagern, er nahm die sieben Fladenbrote, 

dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern zum Austeilen. 

Etwas Fisch war noch da - er sprach den Segen darüber und ließ auch den Fisch austeilen.

Und alle aßen und wurden satt. Dann wurden die Restbrocken aufgesammelt, sieben Körbe voll.


Ja, was ist damals „wirklich“ passiert? Tatsächlich ein „richtiges“ Wunder? 

Oder hat Jesus einfach nur klug geteilt, so daß jeder einen Bissen abbekommen hat?

Auf Werbeplakaten für „Brot für die Welt“ ist/war zu lesen: 

„Die Welt besteht aus Teilen“. Daß jeder wirklich das bekommt, was ihm zusteht, wäre ja auch schon eine Art Wunder.

(Nächste Frage dann: Was steht jedem zu?)


Aber ein „echtes“ Wunder ist wohl doch noch etwas anderes. 

Ein paar Fladenbrote und ein paar Fische reichen bei mehreren tausend Menschen auch nicht für einen kleinen Bissen aus. 

Irgendwann gibt es nichts mehr sinnvoll zu teilen, da kann man noch so „gerecht“ sein wollen,

da nagen dann eben alle gerechterweise gemeinsam am Hungertuch …

Doch hier, so steht es im Evangelium, sind alle satt geworden - und es ist sogar noch einiges übriggeblieben, das dann aufgesammelt worden ist, damit es nicht umkommt. 


Denn Jesus hatte ein Wunder getan. Er hatte aus wenigem viel gemacht - und das nicht nur symbolisch.

Gott kann das. Jesus kann das. Wenn wir das bei aller modernen Skepsis nicht zumindest für denkbar, für möglich halten können,

dann können wir eigentlich auch nicht an die Auferstehung glauben - und damit fängt der christliche Glaube an.


Jesus hat seine Wunder allerdings nicht alltäglich werden lassen - schon weil es mit Fingerschnippen oder einem Zauberspruch wohl nicht getan gewesen ist. „Himmelszeichen“ sind mit großem Einsatz verbunden, mit Willen und Kraft. Jesus bietet viel auf. Er kann das - aber es soll nicht der Normalzustand sein. Sonst hätten die Jünger die übriggebliebenen Brotbrocken nicht aufsammeln müssen. Wenn das Brot quasi immer vom Himmel regnet wie im Schlaraffenland, wozu dann noch achtsam sein? Oder gar dankbar? 


Wenn alles dem Anschein nach ohne Probleme verfügbar ist, dann lassen Achtsamkeit und Dankbarkeit naturgemäß nach. 

Wir sollten unser Bewusstsein dafür immer wieder schärfen. Das Erntedankfest ist dafür eine Gelegenheit. Denn sonst übernimmt die Obrigkeit mit ihren Mitteln und auf ihren Kanälen, was bekanntlich nervig und schließlich übergriffig werden kann. 

Und wer läßt sich schon gern wie ein kleines Kind dauernd belehren, wie ein „achtsames“, „bewusstes“, „korrektes“ Denken und Leben auszusehen hat? Welche Motive auch immer damit einhergehen mögen.


Dieses Problem hatte man damals nun nicht: Der Staat war alles mögliche, aber keine Kindergartentante. Achtsamkeit war eine Überlebensfrage. Nichts umkommen lassen! Wer weiß, was morgen ist! Die Älteren kennen das noch.


Und so sagt auch Jesus: Sammelt auf, was übrig ist! Morgen kommt kein Brot vom Himmel! Verlaßt euch nicht auf Wunder!

Sie sind nicht „machbar“, sie sind nichts Alltägliches! Sie sind ein Zeichen, ein Hinweis! Ein Zeichen dafür, daß Gott euch ganz nahe ist! Er hat den Raum und die Zeit und die Naturgesetze geschaffen. Er hält die Welt in seiner Hand, nicht sie ihn


Wenn die Welt eure Kräfte zu übersteigen droht, dann denkt daran: Gott läßt euch nicht fallen, wenn ihr seine Hand nehmt! 

Sein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. Ihr seid seine Kinder! Fürchtet euch nicht!


Jesu Wunder öffnen ein wenig den Vorhang für die Ewigkeit, die unseren Weg umgibt und einmal vollenden soll.

Doch der Weg führt durch eine Welt, wo ein paar Brote und Fische nicht ohne weiteres für ein paar tausend Menschen ausreichen. 

Die Jünger und die ersten Gemeinden konnten diese Brotvermehrung nicht wiederholen.

Es lag nicht in ihrer Macht. Es stand ihnen nicht zu.


Und es steht auch uns heutigen „Jüngern“ nicht zu - auch nicht, zu verkünden, das Himmelreich ließe sich mit gutem Willen und Pädagogik und notfalls etwas Druck irgendwie doch schon auf der Erde errichten. Mein Reich ist nicht von dieser Welt, wird Jesus später zu Pilatus sagen. Die Ewigkeit blitzt immer wieder auf, aber im vollen Licht erstrahlt es anderswo.


Was bleibt dann vom Brotwunder? Was konnten die Jünger dann noch tun? 

Das oft Wenige, das sie hatten, konnten sie teilen und an andere austeilen, wie „Brot für die Welt“ - auf irdische Weise, soweit es reichte; und auf himmlische Weise, nämlich in der Verkündigung der guten Botschaft, daß Gott mit uns ist in dieser Welt, die auf ihre Vollendung noch wartet.


Das Abendmahl, das Heiligste, was wir in der Kirche haben, ist eine Feier des Teilens und Weitergebens:

Christi Leib, das Brot des Lebens für dich gegeben!

Auch die Kollekte ist ein Akt des Gebens und Teilens - und überhaupt das Gebot der Nächstenliebe.

Der Barmherzige Samariter hat die dringlichsten Kosten für den Verletzten, den er auf der Straße aufgelesen hatte, aus eigener Tasche bezahlt. Das konnte und mußte er nicht immer und unbegrenzt tun. Es ging nicht um Daueralimentierung.

Es war eine Wegzehrung - wie die Brotversorgung durch Jesus. Eine Stärkung für den Weg. Manche sind schwach und hilflos, sie müssen getragen werden; aber die meisten können und sollen und wollen (hoffentlich) ihren Weg gehen, wenn sie etwas gestärkt sind. 


Einem Bedürftigen Wegzehrung mitzugeben, nach den eigenen Möglichkeiten, das ist ein christliches Gebot. Ob menschliche Barmherzigkeit ein Wunder zu nennen ist - wer weiß. Unter manchen Umständen kann sie wohl ein Wunder sein. Und auf 

jeden Fall blitzt Gottes Reich darin schon auf - vielleicht nicht so himmlisch strahlend wie damals bei Brot und Fisch am See Genezareth - aber wir sind ja auch nicht Jesus. Doch seine Jünger und Nachfolger - das sind wir als Christen.

Und es ist an uns, unsere Hoffnung anderen auf dem Weg mitzuteilen - in Wort und Tat. Amen